ausgewählte Quellen über die Perserkriege

Quellen:

  • Inschriften zur Besetzung der athenischen Schiffe bei Salamis
  • Darstellung der Schlacht von Salamis in der Tragödie "Die Perser" des Aischylos
  • Eid von Plataiai

 

Inschriften zur Besetzung der athenischen Schiffe bei Salamis

 

KORREKTUR: im Video über die Perserkriege stelle ich die nachfolgende Inschrift (das sog. Dekret des Themistokles) vor, als wäre sie historisch. Dies ist aber nicht der Fall. Es handelt sich um eine späteres Dokument, aus der Zeit der makedonischen Dominanz, also ab Ende des 4. Jh.s v. Chr. oder später. Vermutlich wurden in der Inschrift mehrere Beschlüsse oder Entscheidungen künstlich zu einem ahistorischen Dekret zusammengeführt.

 

[Götter]

Der Rat und das Volk beschlossen, Themistokles, der Sohn des Neokles aus [dem Demos] Phrearrhioi, stellte den Antrag: Die Stadt soll man der Athena anvertrauen, die über Athen waltet, und allen anderen Göttern, um sie zu beschützen (5) und den Barbaren vom Land abzuwehren. Die Athener alle sowie die Fremden, die in Athen wohnen, sollen ihre Kinder und Frauen nach Troizen bringen, [in den Schutz des Pittheus (?)], des Archegaes [Oberaufseher] des Landes. Die Greise und ihre Habe sollen sie nach Salamis bringen. (10) Die Schatzmeister und die Priesterinnen sollen auf der Akropolis bleiben, um den Besitz der Götter zu bewachen. Alle übrigen Athener sowie die Fremden im Mannesalter sollen auf die bereitgestellten zweihundert Schiffe steigen und den Barbaren abwehren sowohl für die eigene Freiheit (15) als auch die der anderen Griechen, zusammen mit den Lakedaimoniern und den Korinthern und den Aigineten und den anderen, die bereit sind, sich gemeinsam der Gefahr zu stellen. Bestellt werden sollen auch zweihundert Trierarchen [Kapitäne], einer für jedes Schiff, von den Strategoi [Feldherren], beginnend mit dem morgigen Tag, und zwar aus denen, (20) die in Athen Boden und Haus besitzen und die eheliche Kinder haben und die nicht älter als fünfzig Jahre sind und sie sollen ihnen die Schiffe durch Los zuteilen. Auswählen sollen sie auch je zehn Epibaten [Schiffssoldaten] für jedes Schiff aus denen, die über zwanzig Jahre sind und unter dreißig Jahren; dazu noch vier Bogenschützen. (25) Auslosen sollen sie auch die Schiffsmannschaft auf die Schiffe dann, wenn sie auch die Trierarchen auslosen. Aufschreiben sollen die Strategoi ferner auch die übrige Besatzung pro Schiff auf weißen Tafeln, und zwar die Athener aufgrund der Bürgerlisten in den Demoi [Gemeinden], die Fremden aber aufgrund der Verzeichnisse (30) beim Polemarchen [Heerführer]. Aufschreiben sollen sie sie eingeteilt in Abteilungen, und zwar in zweihundert, mit jeweils einhundert [Mann]; außerdem sollen sie eintragen über jeder Abteilung den Namen der Triere und des Trierarchen und der Schiffsmannschaft, damit sie wissen, in welche Triere eine jede Abteilung einzusteigen hat. Wenn aber (35) die gesamten Abteilungen aufgeteilt und den einzelnen Trieren durch das Los zugewiesen sind, sollen alle zweihundert Schiffe bemannen der Rat und die Strategoi, sobald sie ein Sühneopfer dargebracht haben dem Zeus, dem Allesbeherrscher, und der Athena und der Nike und dem Poseidon, dem Beschützer. Und wenn bemannt sind (40) die Schiffe, sollen sie mit Hundert von ihnen zu Hilfe kommen am [Kap] Artemision von Euboia und mit dem anderen Hundert von ihnen bei Salamis und dem übrigen Attika vor Anker liegenbleiben und bewachen das Land. Damit aber alle Athener einmütig den Barbaren abwehren, sollen diejenigen, die verbannt sind (45) auf zehn Jahre, sich nach Salamis begeben und dort bleiben, bis die Volksversammlung über sie einen Beschluss fasst. Die aber, die die Bürgerrechte verloren [...].

 

aus: Wolfgang Will, Die Perserkriege. Von Aischylos bis Strabon in Quellen, Marixverlag, Wiesbaden 2019, 180-181.

 

 

Darstellung der Schlacht von Salamis in der Tragödie "Die Perser" des Aischylos

 

Atossa: Weh mir, der Leiden höchstes hab ich nun gehört, (331)

Die Schmach der Perser, ärgstes, laut beklagtes Weh!

Doch sag mir das noch, wiederum zurückgewandt,

Wie groß der Griechenschiffe Zahl zum Kampfe war,

Dass sie sich erkühnten, mit dem Perserheer den Kampf

Im kecken Angriff anzufangen, wie du sagst.

Bote: Gewiss der Zahl nach mussten wohl die Flotten der

Barbaren siegen; denn es war hellenischerseits

Die ganze Zahl der Schiffe zehnmal dreißig, und

Ein Geschwader noch von zehn erlesnen außerdem. (340)

Doch Xerxes hatte, wie ich es selbst sah, eine Nlacht

Von tausend Segeln, drunter wegen Schnelligkeit

Vor allen wert zweihundertsieben. So die Zahl.

Du glaubst bezwungen uns doch nicht in jenem Kampf?

Es hat ein Dämon alles Heer hinweggetilgt,

Der unsre Schale sinken ließ ungleichen Glücks.

Die Götter retten selbst der Göttin Pallas Stadt.

Atossa: So steht der Athener Stadt noch unzerstört?

Bote: Der Mut des Volkes schützt sie, eine feste Burg.

Atossa: Sag, welcher Anfang ward den Schiffen zum Gefecht? (350)

Wer fing den Kampf, fing ihn der Hellenen kühne Schar,

Mein Sohn ihn an, vertrauend auf der Schiffe Zahl?

Bote: Anhub, o Herrin, alles Well ein rächender,

Erzürnter Dämon, der woher auch je erschien.

Denn ein hellenischer Mann vom Athenervolk

Kam hin und sagte deinem Sohne Xerxes an,

Sobald das Dunkel rings der schwarzen Nacht genaht,

Nicht bleiben warden dann die Hellenen, würden schnell

An Bord versammelt, andre je auf andrem Weg,

In geheimer Flucht erretten ihres Lebens Heil. (360)

Kaum dass er dies vernommen, arglos bei der List

Des fremden Mannes und dem Neid der Ewigen,

Gebot er seinen Admiralen allzumal,

Sobald der glühnden Sonne zündend Abendlicht

Hinab sich taucht und Dunkel den Hain der Luft erfüllt,

Soll sich das Schiffsgeschwader in drei Zeilen reihn

Und jeden Ausweg hüten, jede Flucht zur See,

Dann andre rings um Aias' Insel ziehn im Kreis,

Dass, wenn die Griechen ihrem bösen Los entfliehn

Und heimlich Ausgang irgendwo sich noch erspähn, (370)

Es allen dennoch Leib und Leben kostete.

So sprach der König gar zu hochgemuten Sinns;

Was ihm bevorstand von den Göttern, wiisst er nicht.

Denn jene, wohl gescharet, gewärtig des Befehls,

Bereiten erst das Mahl sich, und der Rudersmann,

Einbindet er sein Ruder an das Ruderholz.

Als dann der Sonne letzter Strahl erloschen war

Und Nacht heraufstieg, ging ein jeder Ruderer

Und jeder, wer nur Wehr und Waffe trug, an Bord.

Zu rufen Schar um Scharen sich von Schiff zu Schiff, (380)

Sie fahren jeder, wo ihm Ort und Fahrt bestimmt;

Die ganze Nacht durch ordnen, durch die Bai verteilt,

Der Schiffe Führer des Geschwaders ganze Macht.

Die Nacht verging, und wahrlich, der Hellenen Heer,

Es hatte nirgend heimliche Flucht sich ausgespürt.

Als drauf mit seines Wagens Lichtgespann der Tag

Die ganze Meerbucht sonnenhell beleuchtete,

Da schallet' fernher von den Hellenen freudiger

Gesang herüber, und das Kriegslied jauchzt' zurück

Des felsgen Eilands tausendstimmiger Widerhall. (390)

Furcht überschlich jetzt uns Barbaren allzumal,

Die wir getäuscht uns sahn; denn nicht, um nur zu fliehn,

Erhoben die Hellenen ihren Kriegsgesang;

Sie sangen, sich in den Kampf zu stürzen frohen Muts;

Trompeten flammten schmetternd, allanfeuernd drein,

Und rings mit rauschendem, wechselhastgem Ruderschlag

Ward schäumend die Flut geschlagen nach der Lotsen Ruf.

Und plötzlich waren alle nah vor unserm Blick.

Des Geschwaders Linie führte festgeschlossen an

Der rechte Flügel; nach ihm kam der ganze Zug (400)

Heraufgefahren; rufen hörte man zugleich

Vielfache Stimmen: »Auf, o Hellas' Söhne, komm!

Das Vaterland befreit, befreiet Weib und Kind

Befreit der heimatlichen Götter teuren Sitz,

Der Väter Gräber! Jetzt um alles kämpfen wir!«

Und auch von uns her rauschte laut ein persisches

Geschrei entgegen; nicht zu säumen war es Zeit.

Da schlug mit Krachen Schiff in Schiff den bohrenden

Erzschnabel; anfing ein hellenisch Schiff die Schlacht,

Riss einem Tyrier allen Schmuck vom Steuerbord. (410)

Zwar widerstand anfangs der Perserflotte Wald,

Doch als die Unzahl unsrer Segel in des Meers

Engfahrt sich trieb, war keiner keinem mehr zu Schutz,

Und wechselseitig mit der eisernen Schnabel Stoß

Zerschlugen, zerschmetterten sie sich der Ruder Doppelreihn.

Der Griechen Schiffe drangen klug berechnet nach,

Sie prallten ringsher gegen uns, jäh stürzten um

Der Schiffe Bäuche, nicht zu sehn mehr war die See,

Mit Wrack und Scheiter und mit Leichen überdeckt,

Bedeckt mit Leichen Klippen und Gestad umher.

In wilder Flucht fortrudernd eilte sich jedes Schiff,

So viel noch übrig waren vom Barbarenheer.

 

aus: Wolfgang Will, Die Perserkriege. Von Aischylos bis Strabon in Quellen, Marixverlag, Wiesbaden 2019, 191-193. Original: Aischylos, Die Perser 331-422.

 

 

Eid von Plataiai

 

Inschrift aus Acharnai, Ortschaft in Attika, zu Athen gehörig. 479 v. Chr.

 

Der Eid, den die Athener schworen, als sie im Begriff waren, (21) gegen die Barbaren zu kämpfen. »Ich werde kämpfen, solange ich lebe, und werde nicht höher achten zu leben als frei zu sein, und werde nicht im Stich lassen den Taxilochos [Unterfeldherrn] und auch nicht den (25) Enomotarchos [Führer einer Abteilung von 25 Mann in Sparta], weder als Lebenden noch als Toten, und werde nicht fortgehen, wenn nicht die Hegemones [Oberbefehlshaber] [uns] wegführen, und werde tun, was immer die Strategoi befehlen, und die Toten unter den Mitkämpfern werde ich bestatten auf demselben [Platz], (30) und unbestattet werde ich keinen zurücklassen. Und siege ich im Kampf mit den Barbaren, werde ich den Zehnten weihen von der Stadt der Thebaner, und werde nicht entvölkern Athen oder Sparta oder Plataiai oder eine von den anderen Städten, die mitgekämpft haben; (35) auch werde ich nicht zusehen, wie sie vom Hunger bedrängt werden, und werde sie nicht vom fließenden Wasser abschneiden, weder als Freunde noch als Feinde. Und wenn ich einhalte, was in dem Eid geschrieben ist, soll meine Stadt ohne Krankheit sein; (40) wenn nicht, soll sie krank werden; und meine Stadt soll unzerstört sein; wenn nicht, soll sie zerstört werden; und mein [Land] soll [Frucht] tragen; wenn nicht, soll es unfruchtbar sein; und die Frauen sollen [Kinder] gebären, die den Eltern gleichen; wenn nicht, Missgeburten; und das Vieh soll [Junge] gebären, die dem Vieh gleichen; (45) wenn nicht, Missgeburten.« Als sie dies geschworen hatten, bedeckten sie die Schlachtopfer mit den Schilden, und unter Trompeten[-schall] machten sie die Verfluchung, wenn sie etwas vom Beschworenen überträten und nicht einhielten, was in dem Eid geschrieben ist, solle (50) sie selbst, die [diesen Eid] schwören, der Fluch treffen. 

 

aus: Wolfgang Will, Die Perserkriege. Von Aischylos bis Strabon in Quellen, Marixverlag, Wiesbaden 2019, 214-215. Alternativ: Historische Griechische Inschriften in Übersetzung, Band I, 22-24.